Aktuelles aus der Stadt

Kirmes in Runkel vom 25.-28.08.2023
Mitteilung der Straßenverkehrsbehörde
22.08.2023

Die Runkeler Brücke wird 575 Jahre alt


Ein traumhafter Blick auf die uralte Runkeler Lahnbrücke mit der Burg, der renovierten alten Färberei (links) und Schloß Schadeck im Hintergrund.

Von Peter Schäfer

RUNKEL. Noch immer fahren täglich zahlreiche Autos, Motorräder (in Einbahnstraßenregelung) und Fahrräder über sie und viele Menschen nutzen sie, um zu Fuß die Lahn zu überqueren. Die Rede ist von der alten Lahnbrücke in Runkel, dessen 575-jähriges Bestehen in diesem Jahr gefeiert wird. Diese Zeitung hat sich mit Manfred Reintke aus Runkel auf eine kleine Zeitreise rund um dieses Bauwerk begeben.

Reintke war von 1984 bis 2009 der erste Kommandant der „freien“ Burgmannen (damals noch kein Verein), war in vielen Runkeler Vereinen über Jahrzehnte aktiv und gilt als versierter Kenner der Runkeler Geschichte. Wie er erzählte, kam es gegen Ende der 1430er Jahre zu einer kriegerischen Auseinandersetzung in Mainz, bei der der Runkeler Burgherr Hermann in Mainzer Gefangenschaft geriet. Dort sah er die Brücke über den Rhein und er entschloss sich, nach seiner Rückkehr auch in Runkel eine Brücke zu bauen. Hermann war durch die Gefangenschaft in Mainz jedoch schwer erkrankt, sodass er seinen Sohn Dietrich IV. beauftragte, den Brückenbau zu übernehmen, der 1440 in Angriff genommen wurde.

Der Schadecker Burgherr Reinhard von Westerburg sah in dem Bauwerk einen, wie es in einer Quelle heißt, „burglichen Bau“ und somit eine Bedrohung für die Schadecker Bevölkerung. Zudem hielt er es für einen feindseligen Akt und einen Widerspruch zu einem 1288 geschlossenen Vertrag. Daraus entwickelte sich eine zweijährige Fehde zwischen Runkel und Schadeck, die 1448 durch das „Hohe Gericht“ (später Reichskammergericht) in Wetzlar beigelegt werden konnte. Der Streit ging damals so weit, dass die Westerburger Landsknechte einen Runkeler Burgmannen entführten und lynchten. Schließlich kam es zu einer Einigung, die vorsah, dass Runkel und Schadeck je zur Hälfte die Kosten für den Bau der Brücke übernehmen sollten und dass die Schadecker zu jeder Zeit die Brücke zollfrei nutzen konnten.

Ein Frankfurter Brückenbaumeister wurde mit dem Bau der Brücke beauftragt. Gemeinsam mit einem Gesellen machte er sich ans Werk. Es war damals nicht einfach, Arbeitskräfte zu finden, denn es herrschte noch die Leibeigenschaft. Bauern, Handwerker und Bürger hatten noch Fronarbeiten zu leisten. Für den Bau der Brücke wurde in den Steinbrüchen um Runkel grüner Schalstein gebrochen. Er war besonders geeignet, da er Kupferanteile hatte und damit wetterbeständig war. Für das Fundament wurden im Runkeler Wald Eichen gefällt und zu starken Bohlen gezimmert, die als Fundament für die vielen Brückenpfeiler dienten. Bei der letzten Brückensanierung vor rund 30 Jahren hatten Fachleute Kernbohrungen der Fundamente vorgenommen und festgestellt, dass die noch immer gut erhaltenen Eichenbohlen den Brückenpfeilern auch weiter Standfestigkeit bieten werden. Runkel hatte zum Zeitpunkt des Baus der Brücke wenig Steuereinnahmen. So einigte man sich mit dem Brückenbauer, einen Teil der Summe auch in Naturalien zu bezahlen, zum Beispiel mit dem Runkeler Rotwein - der ja auch seit zwölf Jahren auf Reintkes Mitinitiative wieder angebaut wird – und durch die Lieferung von Rind- und Schweinefleisch.

Von 1448 bis 1480 hatte die Brücke statt der Bögen ein Holzsprengwerk. Dann wurden die Steinbögen eingebaut. Ursprünglich wurde die Brücke mit Wehrturm und Zugbrücke gebaut und im Laufe der Jahrhunderte wurde die Brücke mehrfach beschädigt, aber nie völlig zerstört.  1815 wurde die Brücke umfangreich instandgesetzt und wahrscheinlich wurden zu diesem Zeitpunkt auch der Turm und die Zugbrücke entfernt. Im Zuge der Schiffbarmachung der Lahn wurde 1841/42 die Brücke umgebaut und eine Schleuse an der Brücke errichtet. Für die Anfahrt wurde der vierte Bogen am rechten Ufer errichtet.

Die Lahnbrücke verfügt über vier Segmentbögen. Die lichte Weite der Bögen beträgt lahnabwärts von rechts aus gesehen, 13,80 Meter, 15,51 Meter, 15,91 Meter und 14,69 Meter. Die Pfeilerbreite ist 5,65 Meter beim rechten, 4,53 Meter beim mittleren und 4,56 Meter beim linken Pfeiler. Den Zweiten Weltkrieg überstand die Brücke unversehrt. Mit dem Bau einer neuen Brücke in Runkel 1978 wurde die alte Lahnbrücke unter anderem durch Einbahnregelung deutlich entlastet. Manfred Reintke erstellte zur Feier des 550-jährigen Bestehens der Runkeler Brücke vor 25 Jahren einen kleineren Nachbau des ehemaligen Brückenturms. Viele Bürger bedauern bis auf den heutigen Tag, dass er nicht an seinem Standort erhalten geblieben ist. Am Wochenende 23. und 24. September wird es in Runkel ein Brückenfest geben, bei dem es auch wieder zu dem beliebten Ereignis „Burg in Flammen“ kommen wird.